21. November 2024

Deutscher Richterbund – Selbstverwaltung der Justiz

http://www.drb.de/cms/index.php?id=552

Selbstverwaltung der Justiz

Die Exekutive hält derzeit die Gerichte und Staatsanwaltschaften in vielfältiger Abhängigkeit. Über Einstellungen und “Beförderungen” von Richtern und Staatsanwälten entscheidet in vielen Bundesländern der Justizminister allein. Personal- und Sachmittel weist der Finanzminister zu und streicht sie wieder nach Haushaltslage. Der im Grundgesetz verbriefte Anspruch des Bürgers auf Justizgewährung, auf Zugang zur Justiz, ein faires Verfahren, eine zügige Entscheidung und die Möglichkeit eines Rechtsmittels beliebt dabei immer mehr auf der Strecke. Politische Einflüsse, Partei- und Kabinettsdisziplin hindern die Justizminister, die nötige Abhilfe zu schaffen. Eine offene Diskussion über die gesellschaftliche Stabilisierungsfunktion einer bedarfsgerecht ausgestatteten Justiz findet nicht statt.

Der DRB fordert deshalb bereits seit Jahren eine selbstverwaltete Justiz, wie sie in fast allen Staaten Europas schon üblich ist. Als Dritte Gewalt muss sie sich wie Legislative und Exekutive in ihren Organisationsbereichen selbst verwalten können. Das beinhaltet, dass sie das Recht erhält, ihren Haushalt unmittelbar beim Parlament einzuwerben, im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen ihre Personalentscheidungen selbst zu treffen und dass eine Rechenschaftspflicht nur gegenüber dem Parlament besteht.

Das Grundgesetz steht der Einführung einer Selbstverwaltung der Justiz nicht entgegen. Vor diesem Hintergrund hat der DRB mit dem Entwurf eines Landesgesetzes zur Selbstverwaltung der Justiz vorgelegt, der von der Bundesvertreterversammlung am 25.3.2010 gebilligt wurde. Mit diesem Entwurf wird der Nachweis geführt, dass und wie in den bestehenden verfassungsrechtlichen Strukturen die Länder im Rahmen ihrer Justizhoheit eine Selbstverwaltung einführen können.

Der Entwurf sieht vor, dass an die Stelle des Justizministers ein Justizverwaltungsrat aus 5 Richtern und Staatsanwälten tritt. Seine Mitglieder werden von einem Wahlausschuss bestimmt, dem mehrheitlich Landtagsabgeordnete und daneben gewählte Richter und Staatsanwälte angehören (Justizwahlausschuss). Ein Mitglied des Justizverwaltungsrats wird als Justizpräsident gewählt, der die Justiz nach außen hin vertritt. Der Justizverwaltungsrat sorgt für die Erfüllung des Justizgewährungsanspruchs. Das schließt die Sicherung der Qualität richterlicher und staatsanwaltlicher Arbeit ein. Insoweit ist der Justizverwaltungsrat auch gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit rechenschaftspflichtig. Zu seinen Aufgaben gehören zudem alle Personalentscheidungen und die Dienstaufsicht in der Justiz. Kommt keine Einigung mit der zuständigen Personalvertretung zustande, entscheidet er nicht allein – anders als heute oft der Justizminister -, sondern der Justizwahlausschuss. Der Justizverwaltungsrat stellt auch das Gesamtbudget der Justiz auf und vertritt es gegenüber dem Finanzminister und dem Parlament. Verwaltungsaufgaben, die gegenwärtig dezentral von den Gerichten und Staatsanwaltschaften selbst erledigt wurden, verbleiben dort, um eine schlanke Justizverwaltung zu garantieren.

Um sich in Kürze einen Überblick verschaffen zu können, wird das Modell des DRB in drei Schaubilder grafisch dargestellt. Das erste Schaubild (Zustandekommen der Gremien) stellt dar, auf welchem Weg die Mitglieder von Justizwahlausschuss, Justizverwaltungsrat und der Justizpräsident gewählt werden. Das zweite Schaubild (Aufgaben der Gremien) soll die Aufgaben und Funktionen der genannten Gremien darstellen. Das dritte Schaubild (Gesamtdarstellung) kombiniert die beiden ersten Schaubilder und ermöglicht so, das Modell des DRB “auf einen Blick” zu erfassen.

Die Staatsanwaltschaft ist als Organ der Rechtspflege und Teil der Dritten Gewalt in die Selbstverwaltung der Justiz einzubeziehen. Das Grundgesetz trifft keine Aussage zu den Staatsanwaltschaften und steht damit einer Einbeziehung in einer selbstverwalteten Justiz nicht entgegen. Mit dem Anklagemonopol, den übertragenen Befugnissen und dem justiztypischen Rahmen für von ihr zu treffende Entscheidungen, steht sie der Justiz um vieles näher als der Exekutive.

Die Forderung des Deutschen Richterbundes nach einer Selbstverwaltung der Justiz hat inzwischen eine breite Diskussion in der Politik, aber auch in der Justiz selbst ausgelöst. Bereits jetzt befinden sich in vielen Koalitionsverträgen von Landesregierungen Prüfaufträge im Hinblick auf die Einführung einer Selbstverwaltung. Der Gesetzentwurf des Deutschen Richterbundes bildet dabei einen ersten Ansatz unter Einbeziehung der landesrechtlichen Besonderheiten eine Selbstverwaltung der Justiz einzuführen.

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