21. Dezember 2024

Die käufliche Republik

21. Dezember 2011 · 02:16

Die käufliche Republik

21.12.2011 – Christian Wulff steht für den Vorwurf der Bestechlichkeit am Pranger. Er soll Vorteile angenommen und hierfür vielleicht auch Gegenleistungen erbracht haben. Doch warum triff dieser Verdacht ausgerechnet den Bundespräsidenten, wo es doch in Deutschland zum guten Ton gehört, dass Politiker fast jeder Farbe intensive Verbindungen zu Wirtschafts- und Lobbyverbänden, Instituten, Organisationen und Stiftungen unterhalten, die ihre Macht und ihr Geld nutzen, um sich politischen Einfluss zu erkaufen?

Am Beispiel der Agenda 2010 klärt dieser Artikel darüber auf, wie in Deutschland Gesetze und Reformen entwickelt, mehrheitsfähig gemacht und durchgesetzt werden.

Außerdem verrate ich am Ende des Beitrags den Nachfolger von Christian Wulff.

 

Zufällig gescheitert

Bei der Affäre um den Bundespräsidenten geht es nicht hauptsächlich um die Inanspruchnahme von kostenlosen oder zumindest preiswerten Urlaubaufenthalten und Flügen. Es geht nicht um die günstigen Konditionen für einen privaten Kredit oder um die Frage, ob Carsten Maschmeyer 2007 die Werbeanzeigen für Christian Wulffs Buch „Besser die Wahrheit“ bezahlt hat.

Es geht alleine um die Frage, ob sich Wulff für solche Aufmerksamkeiten mit politischen Gegenleistungen revanchiert hat. Wenn dies der Fall war, dann muss man nicht von einer Kredit- oder Urlaubsaffäre sondern von einer Korruptionsaffäre sprechen. Bundespräsident Wulff, das muss man einmal so deutlich aussprechen, steht im Verdacht, bestechlich zu sein.

Die aktuelle Affäre um den Präsidenten ist interessant. Nicht aufgrund ihrer Hintergründe, ihrer mehr oder weniger pikanten Details oder ihrer Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit. Sie ist interessant, weil sie uns vor die Frage stellt, warum ausgerechnet er auf die Abschusslisten der Presse geraten ist.

Es sind genau die Journalisten und Blätter, die jetzt direkt oder indirekt den notwendigen Rücktritt des Präsidenten ins Spiel bringen, die ansonsten nicht den geringsten Anstoß an Korruption im deutschen Politikbetrieb nehmen. Die gezielte und direkte Einflussnahme privater Unternehmer, mächtiger Wirtschafts- und Lobbyverbände oder namhafter Institute und Organisationen auf die Politik ist in den deutschen Medien ansonsten kein häufiges Thema. Das ist kein Wunder. Schließlich gehören die meisten Publikationen hierzulande selber einem Konzern an und sind zudem auf Werbeeinnahmen der großen Wirtschaftsunternehmen angewiesen.

Wulff muss den Verantwortlichen bei Springer entweder mächtig auf die Füße getreten sein oder er ist unbeabsichtigt als strategischer Spielball in die Schusslinie geraten. Eines steht jedenfalls fest: Der konkrete Vorwurf gegen den Bundespräsidenten würde bei entsprechendem Willen zur Aufklärung annähernd jeden Politiker in Deutschland treffen.

Wie genau funktioniert Korruption in der Politik?

Korruption als Ausnahmeerscheinung?

Wenn wir an Bestechung denken, dann stellen wir uns finstere Gesellen vor, die sich im Schutz der Dunkelheit treffen, um Geld und Gegenleistungen zu tauschen. Im Prinzip stimmt dieses Bild. Es geht tatsächlich um einen – den Bestecher – der es sich leisten kann, für seine Interessen etwas zu geben. Und um den anderen – den Bestochenen – der über politischen Einfluss verfügt und bereit ist, seine eigentliche Überzeugung, seine Verantwortung und seinen Wählerauftrag gegen einen Vorteil aufzugeben. Nur der Schutz der Dunkelheit ist bei dieser Art von Geschäften nicht erforderlich. Sie spielen sich nämlich ungeniert in der Öffentlichkeit ab, ohne das jemand Anstoß daran nimmt.

Der Verdachtsfall Wulff präsentiert sich als besonders einfaches Modell dieser Praxis. Hier geht es, folgt man den Vorwürfen, tatsächlich um finanzielle Vorteile: Ein günstiger Flug für die Familie, eine Handvoll Urlaubsaufenthalte in den Häusern reicher Freunde oder ein zinsgünstiges Darlehen für den eigenen Hauskauf, ohne Eintragung im Grundbuch.

Über eventuelle Gegenleistungen wird bisher nur spekuliert. Im Raum stehen allerdings bereits Auslandsreisen des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten, auf die ihn der Unternehmer Egon Geerkens begleiten durfte. Hier bleiben Erkenntnisse über weitere Gefälligkeiten vorerst abzuwarten.

Um herauszufinden, ob es sich bei den vorgehaltenen Korruptionsvorwürfen um eine Ausnahme handelt, die nur durch das investigative Gespür der Bild-Redakteure in die Öffentlichkeit gelangt ist, oder ob vergleichbare Vorgänge in der deutschen Politik an der Tagesordnung sind, muss man die Variablen, also Leistung und Gegenleistung, nur geringfügig variieren.

Wenn es um Bestechung geht, denkt man in Bezug auf die Leistung in der Regel zunächst an Geld. Das muss allerdings nicht so sein: Gerade Politiker sind stärker an anderen Vorteilen interessiert. Hierzu zählen die persönliche Karriere innerhalb und außerhalb des Politikbetriebes ebenso, wie die wirksame Unterstützung von Partei und Mandat im Wahlkampf oder eine wohlwollende Berichterstattung durch die Medien.

Die Gegenleistung des Politikers besteht darin, Entscheidungen in einer Weise zu treffen, die den Interessen der Erbringer der Leistungen entsprechen. Lässt zum Beispiel die Automobilbranche „etwas springen“, dann freut sie sich im Gegenzug über die Einführung einer sogenannten „Abwrackprämie“. Stammt die Zuwendung von der Energiewirtschaft, dann wirkt sich das in Form einer Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke aus. Vergleichbares gilt für die Pharma-,  die Versicherungs- oder die Bankenbranche, um nur einige Beispiel zu nennen.

Wenn sich dagegen eine Vertretung zu Wort meldet, die, neben ihrem eigenen, das allgemeine Interesse der neoliberalen Wirtschaftseliten vertritt und die sich eine umfangreiche Umstrukturierung der Wirtschaftspolitik, der Gesundheits- und Altersvorsorge, der Lohn- und Lohnnebenkosten und der Familienpolitik zu ihrem eigenen und ausschließlichen Vorteil wünscht, dann kommt dabei die „Agenda 2010“ heraus.

Die Agenda 2010

Am 14. März 2003 stellt der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder im Rahmen einer Regierungserklärung die „Agenda 2010“ vor. Die offiziell verkündeten Ziele der Reform sind eine „Verbesserung für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung“ und der „Umbau des Sozialstaates und seine Erneuerung“.

Die Agenda 2010 lockert den Kündigungsschutz, sorgt für eine Senkung der betrieblichen Lohnnebenkosten und lässt die Gründung von Handwerksbetrieben und die Ausbildung von Lehrlingen ohne Meistertitel zu. Sie enthält das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, in dessen Rahmen viele Leistungen gestrichen, Selbstkostenbeteiligungen, Praxisgebühren und Rezept-Zuzahlungen erhoben und die Leistungsbereiche Zahnersatz und Krankengeld von der paritätischem Kostenteilung ausgenommen werden.

Sie führt in der gesetzlichen Rentenversicherung das Einfrieren der Beiträge ein, installiert den Nachhaltigkeitsfaktor, der das Rentenniveau langfristig um 14 Prozent senkt und streicht „versicherungsfremde“ Leistungen aus den Katalogen der Rentenkassen.

Unter dem Unwort „Hartz IV“ beschränkt die Agenda 2010 das Arbeitslosengeld auf 12 Monate, schafft die Arbeitslosenhilfe ab und ersetzt sie durch eine Sozialhilfe auf niedrigstem Niveau. Diese wird zudem nur dann gezahlt, wenn bestimmte Voraussetzungen in Bezug auf die Bedarfsgemeinschaft, das Vermögen von Betroffenen oder die Sparguthaben von deren Kindern erfüllt sind. Sie verschärft die Zumutbarkeit von Arbeitsangeboten und erklärt jede Arbeit, die nicht sittenwidrig ist, als zumutbar.

Weder die Qualifikation des Arbeitssuchenden noch die Frage, ob die vermittelte Beschäftigung einen existenzsichernden Lohn garantiert, spielen eine Rolle. Weigert er sich, die Arbeit anzunehmen, dann werden die ohnehin niedrigen Sozialhilfesätze zusätzlich gekürzt oder sogar gestrichen.

Wenn man sich den gesamten Katalog an Maßnahmen vor Augen führt, dann glaubt man ohne Zweifel die Handschrift eines ausgesprochen konservativen, marktliberalen und kapitalismusgläubigen Verfassers zu erkennen. Der Eindruck täuscht nicht: Die „Reform“ basiert nämlich im Wesentlichen auf der Schrift „Wirtschaftspolitischer Forderungskatalog für die ersten hundert Tage der Regierung“, die von der Bertelsmann Stiftung im Vorfeld erstellt und unter anderem im konzerneigenen Wirtschaftsmagazin „Capital“ publiziert wurde.

Am 1. Juni 2003 wurde auf einem SPD Sonderparteitag über die Agenda 2010 abgestimmt. Deutlich mehr als 80 Prozent der Delegierten stimmten der Reform zu. Zwei Wochen später beriet ein Sonderparteitag von Bündnis 90/Die Grünen über die Agenda. Hier lag die Zustimmungsquote der Delegierten sogar bei rund 90 Prozent.

Am 30. November 2005 sagte Angela Merkel in ihrer ersten Regierungserklärung als Nachfolgerin von Gerhard Schröder:

Ich möchte Kanzler Schröder ganz persönlich danken, dass er mit der Agenda 2010 mutig und entschlossen eine Tür aufgestoßen hat, unsere Sozialsysteme an die neue Zeit anzupassen.“

Die Agenda 2010 hat Deutschland zum Niedriglohnland gemacht, den Kündigungsschutz gelockert, sozial Benachteiligte ihrer Existenzgrundlage und ihrer Würde beraubt, Sozialneid zwischen Geringverdienern, Rentnern und Sozialhilfeempfängern geschürt und das gesetzliche Gesundheits- und Rentensystem zu einer Karikatur seiner früheren Leistungsfähigkeit entstellt.

Gewinnorientierte Unternehmen finden in Deutschland heute ein Heer billiger Arbeitskräfte vor, die sie nach Belieben ausbeuten und jederzeit wieder loswerden können. Die Eliten konnten ihre Verpflichtungen zur Teilnahme an den sozialen Solidarsystemen drastisch reduzieren und wurden zusätzlich durch sinkende Spitzensteuersätze, fehlende Vermögens- und Reichensteuern und zahllose Vergünstigungen erheblich entlastet. In einem Wort: Paradiesische Verhältnisse für neoliberale Wirtschaftseliten.

Bertelsmann Stiftung und Bertelsmann AG

Wie gerade beschrieben stammte der Entwurf zur Agenda 2010 von der Bertelsmann-Stiftung. Um zu verstehen, um wen es sich hierbei handelt, in wessen Interesse die Organisation auftritt und über welche medialen Machtinstrumente sie verfügt, muss man sich kurz mit den Hintergründen beschäftigen.

Die Bertelsmann Stiftung wurde 1977 als wirtschaftsnahe Denkfabrik von Reinhard Mohn, dem damaligen Chef der Bertelsmann AG, gegründet.

Die Bertelsmann AG geht auf ein im Jahr 1835 gegründetes Druck- und Verlagshaus in Gütersloh zurück. Ursprünglich produzierte der Verlag christliche Lieder, Texte und Romane. Ab 1932 verweltlichte sich das Verlagsprogramm. Während des zweiten Weltkrieges lieferte Bertelsmann „Feldausgaben“ nationalsozialistischer Bücher in Millionenauflagen direkt an die Front. 1944 wurde der Verlag durch die Nationalsozialisten geschlossen. Bis in die 1990er Jahre behauptete Bertelsmann, dies sei aufgrund von Widerstand gegen das Regime erfolgt. In Wirklichkeit kam es, wie man heute wieder weiß, aufgrund von Korruptionsvorwürfen zur Schließung.

1946 erhielt Bertelsmann in der britischen Besatzungszone eine neue Verlagslizenz. Das Unternehmen eröffnete in den nächsten Jahren und Jahrzehnten den Bertelsmann Lesering und die Bertelsmann Club-Center, erwarb die mehrheitlichen Anteile an der Verlagsgruppe Gruner und Jahr, kaufte die Ufa Filmproduktionsgesellschaft sowie zahlreiche internationale Verlage und Musiklabels.

Später kamen der Kauf von Random House (größter englischsprachiger Buchverlag der Welt), die Gründung der RTL Group (größter Fernseh- und Rundfunk Veranstalter in Europa) und die Fusion mit der Musiksparte von Sony hinzu.

Heute basiert die Bertelsmann AG auf vier Unternehmensbereichen. Die RTL Group betreibt als erste Sparte im Konzern 45 Fernsehsender und 32 Radiosender in Europa. In Deutschland zählen hierzu unter anderem RTL, VOX, n-tv, RTL II und Super RTL.

Gruner und Jahr, die zweite Unternehmenssparte, ist das größte Druck- und Verlagshaus Europas. Zu den deutschsprachigen Publikationen gehören unter anderem stern, Financial Times Deutschland, GEO-Magazin, National Geographic Deutschland, Brigitte, Gala, P.M. Magazin, Eltern, Capital, Börse Online, art, Neon, schöner wohnen, essen & trinken sowie auto motor und sport.

Random Haus ist der größte englischsprachige Verlag der Welt. Zu den deutschen Verlagen, die der Konzern, der die dritte Sparte bildet, mittlerweile übernommen hat gehören unter anderem C. Bertelsmann Verlag, cbt Jugendbücher, Der Hörverlag, Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), Falken-Verlag, Goldmann-Verlag, Heyne Verlag, Kösel-Verlag, Luchterhand Literaturverlag, Manesse Verlag sowie Knaus Verlag.

Der vierte Unternehmensbereich ist die arvato AG. Hierbei handelt es sich um einen international vernetzten Outsourcing Dienstleister mit 270 Tochterunternehmen, 67.000 Mitarbeitern und Niederlassungen in 30 Ländern.

arvato beschäftigt sich mit modernen Dienstleistungen in den Bereichen Logistik, Kundenbetreuung, E-Commerce, Finanzierung, Druck und Softwareentwicklung. Darüber hinaus bietet der Konzern Partner- und Kundenbindungsprogramme an und hat selber unter anderem die „Deutschland Card“ herausgegeben. Weiterhin ist arvato im Bereich der öffentlichen Verwaltung tätig. In Spanien und Großbritannien betreibt das Unternehmen bereits Bürgerbüros und behördliche Stellen per privatem Outsourcing. Ein erstes deutsches Pilotprojekt, das Bürgerbüro Würzburg, ist Anfang diesen Jahres gescheitert.

Potente Interessenvertretung

Insgesamt handelt es sich bei der Bertelsmann AG also um einen der weltweit größten Medienkonzerne, der für eine Vielzahl der deutschen Medien (TV, Rundfunk, Print, Internet) verantwortlich zeichnet und der im Wesentlichen von einer einzigen Familie gesteuert und bestimmt wird. Der Konzern beschäftigt mehr als 100.000 Mitarbeiter in 63 Ländern und erzielte im Jahr 2010 einen Jahresumsatz von 15,8 Milliarden Euro.

77,6 Prozent des Aktienkapitals befinden sich im Besitz der Bertelsmann Stiftung. 19,1 Prozent gehören der Unternehmerfamilie Mohn direkt, 3,3 Prozent der Rainhard Mohn Stiftung und einer weiteren Stiftung der Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft.

Die Bertelsmann Stiftung wiederum wird von Mutter und Tochter Mohn, dem Vorstandvorsitzenden der Bertelsmann AG Gunter Thielen und dem früheren Hamburger Senator (im Kabinett Ole van Beust) Jörg Dräger geleitet.

Die erklärte Zielsetzung der Stiftung:

„Die Stiftung bewirbt, zur Lösung aktueller gesellschaftlicher Probleme, alle Lebensbereiche nach den „Grundsätzen des Unternehmertums und der Leistungsgerechtigkeit“ und dem Leitbild „so wenig Staat wie möglich“ umzugestalten. Wettbewerb und bürgerschaftliches Engagement seien eine wesentliche Basis für gesellschaftlichen Fortschritt.“

Die Stiftung berät innerhalb der bundesdeutschen Politik Vertreter sämtlicher Parteien im Parlament, mit Ausnahme der Linkspartei, die als „zu radikal“ eingestuft wird.

Gegen den Willen von 400 renommierten Wissenschaftlern, die sich am 23.05.2011 mit dem Aufruf „Sozialstaat reformieren statt abbauen – Arbeitslosigkeit bekämpfen statt Arbeitslosebestrafen“ gegen die Verabschiedung der Agenda 2010 gewandt und vor ihren Folgen gewarnt haben, wurde die Reform beschlossen und umgesetzt. In der Erklärung der Wissenschaftler heißt es unter anderem:

„Mit dem eingeschlagenen Weg werden das Sozialstaatsprinzip und die Grundlagen einer auf den sozialen Ausgleich gerichteten Gesellschaftsordnung gefährdet. Wir widersprechen der Behauptung, dass diese Einschnitte „alternativlos“ sind. Ein hohes Beschäftigungsniveau und ein ausgebauter Sozialstaat müssen – wie Beispiele aus europäischen Nachbarländern zeigen – keine Gegensätze sein. Um das zu erreichen, sind jedoch Maßnahmen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie Arbeitsmarkt und Sozialpolitik notwendig, die den Namen „Reform“ tatsächlich verdienen.“

Das Beispiel zeigt, wie durch die Initiative einer einzigen vermögenden Familie und ihrem weit verzweigten Netzwerk an Stiftungen, Beteiligungsgesellschaften und internationalen Organisationen, eine Reform formuliert, entwickelt und durchgesetzt wurde, die einen erheblichen, negativen Einfluss auf die Lebensumstände eines großen Teils unserer Gesellschaft hat.

Die Folgen der Agenda 2010 münden heute in fast gleichlautenden Warnungen von UN und OECD, die in aktuellen Untersuchungen die bedenkliche Sozialsituation in Deutschland und die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich monieren und vor politischer Instabilität und sozialen Unruhen warnen.

Besonders perfide ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Bertelsmann Stiftung zur Durchsetzung dieser unsozialen und gefährlichen Reform ausgerechnet die Sozialdemokraten als Erfüllungsgehilfen ausgesucht hat. Eine vergleichbare Reform hätte man der Union in Deutschland nicht durchgehen lassen. Der SPD gelang dies problemlos, womit sie ein weiteres Mal in ihrer langen Geschichte genau diejenigen verraten hat, deren Interessen zu vertreten sie bis heute vollmundig vorgibt.

Die damaligen Exekutoren der Agenda 2010 sind bis heute von der Wirksamkeit und Alternativlosigkeit dieser absurden Reform überzeugt. Gerhard Schröder fordert in diesen Tagen bereits die Europa Agenda 2020.

Was kann man tun?

Wenn eine winzige Gruppe von unermesslich reichen Unternehmern ihren Einfluss geltend macht, um einem ganzen Land mit der Agenda 2010 eine Reform aufzubürden, die für eine kleine Elite von großem Vorteil und für den überwiegenden Teil der Bevölkerung von größtem Nachteil ist, dann muss man von oligarchischen Zuständen sprechen.

Wenn der Konzern, den diese winzige Minderheit vertritt, darüber hinaus einen großen Teil der deutschen Medien steuert, hierunter unter anderem die erfolgreichsten Fernsehsender, Radiostationen, Buch- und Zeitschriftenverlage und wenn diese Medien wiederum ihren Einfluss geltend machen, um Politiker ins Amt und Parteien an die Regierung zu bringen, dann muss man nach der Definition des Politikwissenschaftlers Harold Dwight Lasswell von Korruption sprechen.

Korruption ist die Verletzung eines allgemeinen Interesses zu Gunsten eines speziellen Vorteils.

Diese Form der Korruption bestimmt in Deutschland die politischen Verhältnisse und verhindert Demokratie, da der Mechanismus parteiübergreifend funktioniert und durch Wahlen nicht verhindert werden kann. Für die einschlägigen Lobbyverbände, Initiativen und Stiftungen spielt es keine Rolle, welche Partei gerade an der Regierung ist, da sie ihre Verbindungen zu Vertretern aller Fraktionen pflegen und ihren schädigenden Einfluss von Generation zu Generation auf Politiker vererben.

Wenn sich die Menschen in Deutschland nach mehr Demokratie, nach gerechteren Verhältnissen und einer unabhängig und sachbezogen entscheidenden Politik sehnen, dann müssen zuerst die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, diese Form der Korruption zu unterbinden.

Hierzu zählt ein Verbot der Beratung von Politikern durch vermögende und rein wirtschaftlich orientierte Institute, Organisationen und Stiftungen ebenso, wie ein Parteispendenverbot. Nebentätigkeiten von Abgeordneten und der direkte Übergang vom politischen Mandat in eine Position in die Wirtschaft müssen untersagt werden. Die Annahme von Vorteilen durch Politiker muss auch dann strengstens verboten sein, wenn keine unmittelbaren Vorteile für den Spender erkennbar sind.

Die deutschen Universitäten und Hochschulen beschäftigen mit unzähligen Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter ein Vielzahl hochqualifizierter, kompetenter und unabhängiger Experten. Die Beauftragung privater „Denkfabriken“ aus dem direkten Umfeld von Unternehmen und Konzernen ist insofern nicht nur bedenklich und schädlich sondern vor allem auch vollkommen überflüssig.

Es liegt auf der Hand, mit welchen Erwartungen Konzerne, Unternehmen und Organisationen hohe Spenden an politische Parteien fließen lassen. Wenn die Parteien nachweislich entsprechend hohe Finanzmittel benötigen, dann müssen diese, gleichmäßig und interessenlos, durch den Staat vergeben werden. Die Ausgaben hierfür dürften bedeutend unter dem Schaden liegen, den spenderfreundliche Entscheidungen in der Gesellschaft anrichten.

Die Bezüge von Ministern und Abgeordneten sind bei Weitem ausreichend, um davon einen hochgradig komfortablen Lebensstil zu pflegen. Mehrjährige Sperrfristen nach der Beendigung von Mandaten könnten ohne Probleme mit einer Fortzahlung der Diäten verbunden werden. Auch dies wäre bei weitem preiswerter als die Verluste, die durch Entscheidungen entstehen, die Politiker mit Blick auf einen lukrativen Anschluss-Job oder eine parallele Nebentätigkeit treffen.

Ein solches Anti-Korruptionsgesetz, so wünschenswert und sinnvoll es auch ist, kann allerdings nicht durchgesetzt werden, solange die Politiker im Parlament, als Nutznießer dieses Systems, selber über die Gesetze entscheiden.

Das Referendumswesen ist in Deutschland ausgesprochen schwach ausgebaut, so dass kaum eine Situation denkbar ist, in der die Mehrheit der Bevölkerung die Politik zu einem solchen Anti-Korruptionsgesetz zwingen kann. Petitionen liegen über Jahre in entsprechenden Ausschüssen und werden, wenn überhaupt, dann nur mit erheblicher Verzögerung und in der Regel ablehnend entschieden.

In einer solchen Situation können nur Proteste helfen, die von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung getragen werden. Angesichts der Tragweite der Korruption im politischen Betrieb könnte man sich vorstellen, dass die Occupy-Bewegung die Forderung nach einer Anti-Korruptions-Gesetzgebung zum gemeinsamen Ziel erklärt.

Vor dem Hintergrund der ungehemmten Einflussnahme elitärer Minderheiten auf die Politik wirkt die Affäre um Christian Wulff nicht wie eine Ausnahme sondern ist ein modellhaftes Abbild der politischen Wirklichkeit in Deutschland. Warum hat es aber jetzt ausgerechnet ihn getroffen? Vielleicht hat der Bundespräsident einfach keine Lust mehr auf sein Amt, vielleicht will die Presse der Kanzlerin zeigen, zu was man bei Springer fähig ist, wenn man nur will, vielleicht öffnen die Medien durch die Unmöglichmachung der Regierung auch nur den Geburtskanal für eine neue, rechte Partei unter der Führung von Karl-Theodor zu Guttenberg.

Bei den vielen Eventualitäten fällt mir ein, dass ich dem Leser noch meinen Tipp für den Nachfolger Wulffs schulde: Thomas de Maizière wird neuer Bundespräsident. Denken Sie mal darüber nach.

 

Warum lassen wir das zu???

Das ganze Geschmiere ist nur mit unserer Duldung möglich. Wir gehen wählen und legitimieren auf recht fragwürdige Weise diese Fremdverwaltung und deren Auswüchse.

“Freiheit ist das zu sagen, was andere nicht hören wollen.” Orson Wells

In wie weit hier unsere Wahlen manipuliert sind, wäre sicher eine weitere Untersuchung wert.

Es gibt Alternativen. Doch dafür muß der Einzelne zuerst selbst sich die Mühe machen diese komplexen Zusammenhänge verstehen zu wollen.

Allgemein stößt man jedoch auf eine ablehnende Haltung, die nur bedingt verständlich ist, da der ablehnde Teil in unserer Gesellschaft vemeintlich schon mit seiner eigenen Lebensbewältigung überfordert scheint. Doch genau dies sollte den geneigten Leser annimieren, sich mit diesen komplexen Sachverhalten auseinandersetzen und sich nicht dem bloßen Glauben hingeben, was einem vorgesetzt wird, entspricht der Wahrheit. Ich habe so manchesmal den Eindruck, das kritisches Denken Andersdenkender, als zu anstrengend empfunden und deshalb abgelehnt wird. Dann aber nicht nur das Thema, sondern auch der Kritiker, der versucht die Menschen in ihr Bewußtsein zurück zu holen.

Ein wesentlicher Aspekt wird hier immer wieder deutlich: Angst !!!

Und fast alle Geschäftsmodelle haben seit mehreren tausend Jahren als Basismodell – Angst -> Hoffnung -> Illusion – im Warenkorb:

Die Weltreligionen

Ein Beispiel: Wenn Du nicht in die Kirche gehst und betest, beichtest, etc. pp. kommst Du nicht in den Himmel. Hier wird das schlechte Gewissen angefaßt und Angst suggeriert. Damit hohlt sich die Kirche ihre Zahl- und Glaubensschafe ins Haus. Wo ist die reale Gegenleistung??? Welche Ware wird dem vermeintlich Gläubigen geliefert? Es wird Hoffnung verkauft… und die Ware die man erhält ist und bleibt eine Illusion, an der der Konsument auch über die vielen Jahre fortwährend festhält, weil ihm sein Bewußtsein abhanden gekommen ist. Nicht umsonst ist die katholische Kirche der größte Grundbesitzer der Welt. Auch hier sollte sich der Hoffende, der Gläubige, fragen an was er glaubt und warum glaubt und hofft er? Hat er sein eigenständiges Denken gegen Glauben getauscht? Und dijenigen, die nicht mehr eigenständig denken, kann man ja auch immer wieder lenken und in fragwürdige Geschäfte einbinden. Damit auch ja keiner vergißt, das die Katholische Kirche ihre Existenzberechtigung braucht, kommt der Papst nach Berlin und mischt sich im politischen Geschehen ein. Nun macht er es aber nicht mehr nur im Hintergrund, wie zu vermuten ist, sondern ganz offiziell mit einer Rede im Bundestag. Jetzt denken viele, das war doch eine moralische Mahnung. Ein Schelm wer böses denkt: Die Kirche wird aus Steuergeldern subventioniert, erhält zudem noch von Ihren Mitgliedern die Kirchensteuer und generiert zusätzlich noch Erträge aus sonstigen Dienstleistungen. Mit Spenden und Kollekte wird die Kasse ebenfalls aufgebessert. Früher wurden Kriege im Namen der Kirche geführt. Welches Unternehmen leistet sich solche Prunkpaläste und wer finanziert die eigentlich? Also im wahrsten Sinne steht hier eine Gemeinützigkeit in Frage.

Die Versicherungen

Ein Beispel: Wenn Du dein Haus nicht gegen Brand versicherst, dann stehst Du ja für den Fall, daß es abrennt, ohne da. Doch wer sich ein Haus zu eigen macht, der macht es sich ja nicht zu eigen, weil er davon ausgeht, es würde abbrennen. Dann würde man sich doch gar nicht erst ein Haus bauen bzw. kaufen wollen. Doch die Hausbesitzer werden auch hier wieder bei ihren Emotionen angefaßt. Das Haus könnte ja abbrennen. Jetzt erst wird die Angst geweckt, die ihn nicht mehr rational denken läßt und er schließt eine solche Versicherung ab. Seltsamerweise bediehnen sich dann die Versicherungen auch noch der Politik, daß eine solche Versicherung gesetzlich geregelt vorgeschrieben wird, damit auch ja ALLE Hausbesitzer eine solche Versicherung vorhalten müssen. Man hat ja nun keine Wahl mehr, auch wenn man nicht Angst konditioniert ist. Das Haus steht immer noch und wird an die nächste Generation weitergegeben. So manches Haus ist schon mehrere hundert Jahre alt. Die meisten Häuser die abbrennen, brennen durch Kriege nieder und eben da hilft eine Versicherung auch nicht weiter. Sollte ein Haus aus anderen Gründen abrennen, was ja statistich äußerst selten vorkommt, die meisten Fälle sind dann wohl eher Brandstiftungen zuzuordnen, muß also der Schaden der Versicherung gemeldet werden. (Andere Schäden sind vermeintlichen Wetterphänomänen geschuldet.) Und jetzt fängt es an, daß aus einer Hoffnung (die Police, mit dem Versprechen mir vermeintlich entstanden Schaden auszugleichen) eine Illusion wird. Nun werden Gutachter, Juristen und Gerichte ins Geschäfts eingebunden und die Versicherung wird sich alle erdenkliche Schritte vorbehalten, daß sie den Schaden nicht begleichen muß. Die Juristen, Gutachter, Gerichte, sowie alle übergeordneten Instanzen, einschließlich die Politik erhalten nun ihre Daseinsberechtigung und werden zu Nutznießern, die als Erfüllungsgehilfen an den Gewinnen beteiligt werden. Der zu Schaden gekommenen ist selten finanziell potent genug, gegen diese Lobby seine berechtigten Interessen duchzusetzen. Deshalb sind die Versicherungskonzerne so mächtig geworden, weil sie so ihre Gewinne machen.

Diese zwei Beispiele sind exemplarisch für dieses vorhandene, auf falschen Wertevorstellungen fußendes, Gesellschafts- und Geschäftsmodell.

Und weil die Massen ihre Eigenständigkeit und ihr Bewußsein aufgegeben haben, sich selbst nicht mehr genügend vertrauen, sie in ihrer Anspruchshaltung verharren, geführt zu werden, ist es so unglaublich schwer, diese fehlerhafte System auszutauschen. Aber nicht unmöglich.

Burger Lohmann
(Arbeitsgemeinschaft Freies Deutschland)

 

Schreibe einen Kommentar